Montagmorgen, sechs Uhr, auf einem Milchviehhof in Oberbayern. Während sich andere noch einmal im Bett umdrehen, ist Wolfgang (24) bereits auf den Beinen. Es wartet viel Arbeit auf ihn: 40 Kühe stehen in den Startlöchern und wollen gemolken werden, immer wieder fallen Reparaturen an, und auch die Feldarbeit macht sich nicht von alleine. Wolfgang liebt seinen vielseitigen Beruf und packt beherzt mit beiden Händen an. Das Besondere daran: seine rechte Hand ist eine Prothese.
Vor genau vier Jahren passiert es. Wolfgang reinigt eine Häckselmaschine und greift unwillkürlich mit dem Arm hinein – ohne zu wissen, dass die Maschine noch läuft. Den Unfall erlebt er bei vollem Bewusstsein. Im Münchener Klinikum wird der junge Landwirt sofort operiert, denn er droht an seiner Verletzung zu verbluten. Seine Familie ist geschockt, doch Wolfgang gibt nicht so leicht auf, das hat er noch nie. Als er frisch amputiert aus der Narkose erwacht, betrachtet er seinen Unterarmstumpf, schließt kurz die Augen, öffnet sie wieder und meint unvermittelt: „Ich brauche eine Prothese.“
Die Orthopädietechnikermeister der Firma Pohlig stehen Wolfgang von der ersten Stunde an zur Seite. Sie machen ihm Mut und erklären ihm, was mit einer Armprothese alles möglich ist. Sobald sein Stumpf verheilt ist, erhält Wolfgang eine myoelektrisch gesteuerte Armprothese, deren Hand rotieren, sich öffnen und schließen kann. Wenn Wolfgang sich z.B. vorstellt, er öffnet seine rechte Phantomhand, entstehen Muskelimpulse im Armstumpf, die von zwei Elektroden, die im Schaft integriert sind, in Bewegung übersetzt werden. Dank dieser Hightech-Prothese gehen Wolfgang sämtliche Arbeiten, die er als Landwirt ausführen muss, wieder leicht von der Hand.
Daneben testet der junge Landwirt eine Prothese mit unmittelbarer Gedankensteuerung (Pattern Recognition System), mit der eine Vielzahl an Griffmustern möglich ist (u.a. einzelne Fingerbewegungen). Über eine personalisierte App werden individuelle Bewegungsmuster des Prothesenanwenders gespeichert, auf die die Prothese reagiert. Dazu muss die Prothese zunächst allerdings „lernen“ die Bewegungsabsichten des Anwenders zu erkennen. Über Elektroden mit einem PC verbunden speist der Anwender deshalb zunächst seine individuellen Griffmuster ein. Diese Muskelbewegungsmuster prägt sich die Prothese ein. Möchte der Anwender bestimmte Handgriffe ausführen, erkennt sie die jeweiligen Muskelspannungen und führt die Griffe unmittelbar aus.
Das Pattern Recognition System ist ein wichtiger Meilenstein für die Fortentwicklung intuitiv gesteuerter Armprothesen. Es ermöglicht erstmals eine einfache, deutlich intuitivere Steuerung komplexer Bewegungen. Der natürlichen Handbewegung sehr nahe kommend, kann sowohl ein schnelles, kraftvolles als auch ein vorsichtiges Greifen umgesetzt werden. Seit Kurzem ist das neue System auf dem Markt. Nur fühlen, das kann die Prothese noch nicht. In Zukunft wird es aber wahrscheinlich möglich sein, auch Kälte und Wärme zu spüren.
Dieses Jahr will Wolfgang seinen Landwirtschaftsmeister machen und anschließend den Hof seines Vaters übernehmen. Nie hätte er gedacht, dass er mit einer Prothese die Arbeit als Landwirt so gut bewältigen kann. Auch wenn sie natürlich kein Ersatz für eine echte Hand ist – Wolfgang ist dankbar, dass ihm die Prothese ein Leben als Landwirt ermöglicht.
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Autoren: M. Schäfer, F. Muders, S. Kunz, K. Laassidi
Quelle: ORTHOPÄDIE-TECHNIK 06/19, Verlag Orthopädie-Technik Dortmund
Die myoelektrische Steuerung ermöglicht dir Gegenstände zu greifen.
Wir trainieren mit dir den alltäglichen Gebrauch deiner myoelektrischen Armprothese.
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Alle zwei Jahre veranstalten wir für junge Armprothesenträger ein MyoCamp. Hier trainieren wir zusammen mit einem kompetenten Team aus Physiotherapeuten und Orthopädietechnikern spielerisch den Gebrauch der myoelektrischen Armprothese.
Das beliebte Camp geht in der Regel über mehrere Tage und bietet den Kindern und ihren Eltern eine hervorragende Gelegenheit neue Kontakte zu knüpfen oder alte Freunde wiederzutreffen.